Der Vater aller Spin-Doktoren ist unter Normalmenschen nicht wirklich bekannt. Für PR-Profis ist Freuds Neffe aber Guru und Gründervater.
Sein Buch „Propaganda“ erscheint nach 80 Jahren das erste Mal auf Deutsch und wird so einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Bis heute wird nach seinen Methoden gearbeitet. Ein Blick in die Mainstream-Medien genügt (Reinhard Jellen: Gehirnwäsche der Sonderklasse)
Zum Glück findet sich im Netz reichlich Material über den Mann – das spart mir Mühe, macht es aber umso schwerer hier etwas Neues zu schreiben. Ich versuche mich daher einfach in einem wüsten Brainstorming. Der theoretische Hintergrund von Bernays Arbeiten ist bei Wikipedia in aller Kürze nachzulesen Bernays bei Wikipedia), eine eigene Reflektion kann ich mir also schenken. Soviel sei nur gesagt: Nicht nur Globalplayer wie Procter & Gamble, British American Tobacco oder General Electric zählten zu den Kunden seiner Agenturen, auch Göbbels hatte zumindest Bernays Werke im Bücherregal. Über Bernays Leben gibt’s ausserdem ein kurzweiliger Artikel in der Süddeutschen-Zeitung: Die Geburt der PR- Der Beginn des Doktor Spin
Wirklich aufschlussreich sind Bernays Einlassungen zur Wissenschaft. Scheinbar neutrale Dritte sollen die Thesen seiner Kunden durch pseudowissenschaftliche Veröffentlichungen belegen. Über undurchschaubare Stiftungskonstrukte werden ganze „Institute“ finanziert, um medienwirksame Veröffentlichung zu lancieren, auf die sich die Auftraggeber dann berufen. Die Methode ist heute noch „state of the art“. Ich denke da an das Münchner Ifo-Institut, die Stiftung „Neue Soziale Marktwirtschaft“ oder den Bertelsmann Think-Tank (Manipulationen in Deutschland – und keiner merkt es).
In der Mindestlohndebatte liefern solche von Arbeitgeberverbänden und großen Konzernen finanzierten Gebilde nicht nur die argumentative Munition, sondern sie versuchen gleich einen“Common Sense“ zu etablieren: „Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze und gefährden den Aufschwung“ – wessen Aufschwung? Tatsächlich existiert reichlich Datenmaterial, dass das genaue Gegenteil nahe legen könnte. Der Ökonom Ronald Schettkat hat diese Aussage mit dem aktuellen Forschungsstand abgeglichen und internationale Vergleiche angestellt (Böckler-Impuls 15/2006, Lohnstruktur. Schettkats Fazit: Weder in den USA noch in Europa finden sich Belege dafür, dass Niedriglöhne für mehr Beschäftigung sorgen (Lohnspreizung – Mythen und Fakten.
Solche Betrachtungen finden sich natürlich nicht in den Nachrichten und Fernsehdiskussionen – schon gar nicht auf RTL, Pro7 und SAT1 oder gar in der Springer-Presse.
Um so undurchschaubarer alle „wissenschaftlichen“ Behauptungen – auch die der Gegenseite – für den Laien bleiben müssen, um so mehr wird aus der Sache eine Glaubensfrage. Und Glaube ist eben eine rein emotionale Angelegenheit und wird am besten in bunten Bildern und dezimetergeletterten Buchstaben verkauft.
A propos Lettern: Seinen letzten öffentlichen Auftritte hatte Bernays 1992 als Gast des Late-Night-Talkers David Letterman. Leider finde ich keinen Videomitschnitt der Sendung. Statt der Letterman-Show: Edward Bernays – Assassin of Democracy
Bei aller Kritik, es gibt auch Zeitgenossen, die es mit der PR-Paranoia dann wirklich übertreiben: Zum Beispiel Dr. Tim O’Sheas radikale Abrechnung mit dem Spin-Doktor. O’Sheas Sicht auf Bernays ist durch die eigene schulmedizinfeindliche Weltanschauung verzerrt, hält Impfkampagnen für Teufelswerk.
Selbstverständlich werden auch honorige Anliegen mit PR popularisiert (Global Warming-Propaganda?). Bleibt bloß die Frage, ob der Zweck die Mittel wirklich heiligt? Muss eine demokratische Gesellschaft tatsächlich durch gesichtslose Strippenzieher auf den Pfad der ökologischen Tugend gelenkt werden, es sieht beinah so aus.
Als Alternative bleibt noch das Web 2.0. Da/hier können wir Meme um die Wette produzieren und die unterliegen ja dem Prinzip der Selektion. Wenn ich also nur Altbekanntes wiedergekäut habe, dann gilt doch:
„Gedankeneinheiten/Ideen werden innerhalb der Kultur ständig reproduziert. Wie ein Gen fungiert dabei jedes “Mem” als Replikator und es wirken dabei die gleichen Prinzipien wie in der Evolutionstheorie. Die deterministische Kraft solcher Denkmuster nimmt mit der Anzahl der Wiederholungen zu und wird schließlich zur ungeprüft angenommenen Wahrheit. Wiederholung ist also nicht nur im Mainstream sinnvoll – dafür hier wie dort ziemlich nervtötend.
Warum sonst die Aggressionen eines Herrn Michael Konken, dem Chef des Deutschen Journalisten-Verbandes. Ist das Manipulations- und Langeweilemonopol bereits so marode geworden? Bernd Knüwers Replik auf Herrn Konkens Schmähungen …
Übrigens: Im Alter von 103 Jahren starb Edward Bernays 1995 in New York – warum werden solche Typen eigentlich immer so alt?
[Bildnachweis: Screenshot & © The David Letterman-Show; thanx David]
Da schrieb ich kurz über Benays und kriege Impfkritiken. Diese Diskussion – mit diesen Leuten – zu führen, ist gewohnt sinnlos und Löschen der Kommentare würde nur deren Paranoia befördern. Daher hier ein Link zu den Skeptikern bezüglich der letzten Masernepedimie an einer österr. Waldorfschule:
Neuer Ausbruch der Krankheit aufgrund von Impfmüdigkeit
http://www.gwup.org/aktuell/news.php?aktion=detail&id=450
Dann deaktiviere ich die Kommentarfunktion zu diesem Post und Ruhe herrscht …