Eigentlich doch sehr löblich, wenn 17 prominente Unionspolitiker einen neuen parteienübergreifenden Konsens für die Integrationspolitik fordern (Die Zeit: Sehr geehrte Bürger …). Uneigentlich erscheint die Forderung der Mitte-Demokraten aber ziemlich unrepublikanisch.
Was will/kann uns der Kernsatz dieses offenen Briefes wohl über das Demokratie- verständnis der Herrschaften sagen?
Die Einbindung von Einwanderern ist so fundamental für die Zukunft unseres Landes, dass sie nicht zu einem schnelllebigen Wahlkampfthema degradiert werden darf.
Wichtige Themen und deren mögliche Lösungen dürfen also nicht mehr in Wahlkämpfen zur Diskussion gestellt werden? Eine öffentliche Debatte ist gar degradierend für eine politische Frage? In Zukunft entscheiden Wähler nur noch Fragen minderer Priorität? – Als da wären: Krawattenfarbe, Telegenität oder die Qualität des Kampagnenmanagements.
Sorry, mit einer solch obrigkeitsstaatlichen Haltung bleibt die „schweigende Minderheit“ garantiert in ihrer Ecke – unzugänglich für jede Überzeugungsarbeit. Aus demokratischer Sicht sollten wir dem unsäglichen Herrn Koch eher dankbar sein. Seine „schweigende Mehrheit“ entpuppte sich schließlich als braunes Buhgespenst.
Doch auch an der guten Absicht der Unterzeichner zweifele ich, beziehungsweise an der Art ihrer „Güte“. Wenn der Binnenterrorminister die klare und unverblümte Aussage trifft, dass der Islam Teil der deutschen Gesellschaft ist und bleibt, kommt mir das Grausen erst recht. Tatsächlich ist der konservative Islam ein direkter Seelenverwandter des konservativen Christentums. Das Kopftuch zur Herdprämie als konsequente Ergänzung macht da irgendwie Sinn. Und wenn es gegen uns Ungläubige geht, war die Solidarität der Weltvernichtungskulte eh schon immer konfessionsübergreifend. Da ist ein „offensiver“ Islam die lang ersehnte Speerspitze und Rechtfertigung für ein missionierendes Neo-Christentum und den Großisrael-Fasch Extremismus a la Hendryk M. Broder. In diesem Licht, kann ich zumindest eine gewisse Sympathie für Ralph Giordanos Islamophobie nicht leugnen. Allerdings gerät mir der „Phobismus“ ganz universell zur Religionsangst.
Aufklärung und säkulare Demokratie bedürfen halt einer kontinuierlichen Anstrengung, quasi einem permanenten Dschihad der Vernunft. Den führt bis heute eigentlich nur Seyran Ates überzeugend in der Öffentlichkeit – ungeachtet aller Konsequenzen für die eigene Person – SpOn 2006 : „Ich wollte nicht enden wie Hirsi Ali“
[Bildnachweis: Screenshot – the root of evil]