Was soll mensch sagen, wenn alles gesagt ist – und unerhört bleibt? Blöde Frage, einfach weiter fluchen. Das dient moralischer Selbstvergewisserung ebenso gut, wie der Psychohygiene.
Nietzsche warnt zwar durch die Zeiten eklig süffisant vor solcher Notdurft:
Das Sich-Beklagen taugt in keinem Falle etwas: es stammt aus der Schwäche. Ob man sein Schlecht-Befinden Andern oder sich selber zu misst – Ersteres thut der Socialist, Letzteres zum Beispiel der Christ -, macht keinen eigentlichen Unterschied. (Götzen-Dämmerung, 1889; Streifzüge eines Unzeitgemässen)
Doch als gestern Abend „Adi“-positaspatient Claassen bei Anni Willmichnicht den moralingefüllten Molotow-Cocktail an die eigene Putzfrau retournieren wollte, riss sogar mir der Contenancefaden. Ich schließe mich daher kurz den Beklägern an, um danach wieder Duldungsstarre zu üben:
„Wo leben wir denn eigentlich?“ quakt’s aus dem Duckhome etwas gereizt:
… da wo ein Ackermann andere zu ehrenhaftem Verhalten auffordern kann, da gibt es eben keine Ehre mehr.
und Der Spiegelfechter zitiert nicht nur Voltaire „Écrasez l’infâme! – „Radiert das Infame aus!“ sondern spekuliert konsequent über die Vorzüge spießbürgerlichen Ehrenselbstmords:
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wäre im Morgengrauen ein Offizier in die Villa des Postchefs gekommen, hätte wortlos eine Pistole auf den Tisch gelegt und wäre wieder gegangen.
Da scheint Frau Wegners Wunsch nach Stasi 2.0 nachvollziehbarer als uns lieb sein sollte. Soweit ist das jetzt gekommen, dass sich so was denken lässt, danke ihr Ratten! Sogar der BND hatte scheinbar die Art Gedanken, als er zur Abwechslung mal eine gemeinnützige Arbeit unternahm.
Stellt sich bloß die Frage, warum Herr Zumwinkel öffentlich geschreddert wird, bevor die anderen 600 bis 700 Schmarotzer ausgehoben sind? Wenn der Post-Boss als Bauernopfer dient, wer hält sich dann in Fürst Adams Räuberhöhle sonst noch versteckt – King Kong und Godzilla oder gar Liz und Friede? Gerade wo ich den Satz lettere, ereilt mich folgende Meldung: Handelsblatt: Erste Razzien im Steuerskandal – gibt’s Hoffnung auf staatsbürgerliche Satisfaktion?
Zum Schluss ein Blick ins schöne Kosovo, einer Steueroase in spe: Der BND hält den aktuellen Ministerpräsidenten Hashim Thaci für einen der führenden kosovarischen Mafiabosse und Auftraggeber eines Profikillers – also Obacht wo ihr eure Kohle demnächst verbunkert. Das hält uns aber keines Falls davon ab, die balkanische Staatenfragmentierung fröhlich zu vollenden. german-foreign-policy.com: Danke, Deutschland!
Ob die Typen uns beim nächsten Grand prix de la Chanson wirklich dankbare 10 Punkte voten? Herr Steinmeier, sie pokern hoch! Germany, no points …
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