Versenkt die Gustloff, aber diesmal bitte gründlich!

Ungeisterschiff

Ein Nazi-Dampfer auf ZDF-Mission – welch eigenwillige Geschichts- interpretation wird im öffentlichrechtlichen Auftrag denn jetzt präsentiert?

Nostalgische Erotik erigiert dieser Tage die Volksgenossen an regennassen Bushaltestellen. Blonde Völkermords-Maiden lächeln da von großformatigen Plakatflächen.

Allerdings sind die Initiatoren der Geisterschifffahrt weniger an der Schaulust der zu spät Vertriebenen interessiert, als viel mehr am deutschen Selbstbild – was aus autoerotischer Perspektive ja durchaus Sinn macht. Schlappe 10 Millionen Euro GEZ-Gebühren ließ sich das ZDF den Zweiteiler kosten. Volker Kauder verkündet stolz, er habe Regisseur Joseph Vilsmeier überhaupt erst auf die Idee gebracht.

Zum Beispiel auf die grandiose Idee, einen  bordeigenen Verräter zu erfinden – er heißt nicht Kurt, der als Funker Sabotage begeht, um die 9.000 Passagiere zu ersäufen – im Auftrag kommunistischer Emigranten. Das klingt logisch.

Hopsala, die einzigen funkenden Kommunisten deren ich mich erinnere, waren die Agenten der Roten Kapelle. Peinlicherweise war ausgerechnet der persönlich bevorzugte Lieblingspatenonkel der Chefarztfrau an der Jagd auf die Widerstandsgruppe beteiligt – und sogar der beschrieb die „Verräter“ als überaus ehrenwerte Leute. Damit aber genug Familienschändlichkeiten  für heute Abend.

Schändlichkeit wird auch dem sowjetischen U-Boot Kommandanten Alexander Marinesko nachgesagt. Der taucht im Film, scheint’s direkt aus der Hölle auf. Schwitzende russische Teufel, in blutrotes Licht gebadet, schießen Tod und Vernichtung auf deutsche Kinder, blonde Frauen und Heiner Lauterbach. Schlimm!

Was sollte er denn sonst machen, der Herr Marinesko, fragen ob es gerade passt? Immerhin war der Dampfer im Dienst der Kriegsmarine registriert und hatte als Standort der 2. U-Bootlehrdivision eindeutig Kombattanten-Status. Gewiss, deutsche U-Boote wären zu solcher Mordtat niemals nicht fähig gewesen! Doch wir wollen nicht mit zweierlei Echolot loten, oder was?

Ach so, im Gegensatz zum Filmchen war in der Realität der zivile Kapitän der Gustloff der Depp. Gegen den Rat des militärischen Kommandanten Korvettenkapitän Zahn setzte er Kurs durch u-bootgefährdetes Tiefwasser und schaltete die Positionslichter ein – sehr clever.

Soweit die Historie, bleibt die Frage, was das alles gerade jetzt soll? Will sich Herr Kauder die Stimmen der Restvertriebenen sichern, vielleicht ein Bisschen Kommunisten-Bashing oder einfach mal neue Wehrkraft aus der Ostsee schöpfen?

Alles Blödsinn! Guido Knopps feuchtester Feuchttraum wurde verfilmt und mehr nicht – ein tröstlicher Gedanke.

[Bildnachweis: © eigene Montage; CC License Deed 2.0]

2 Gedanken zu „Versenkt die Gustloff, aber diesmal bitte gründlich!

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