Ganz ohne Verschwörungstheorie formt sich aus Diskursfragmenten wie Boot-Camp, Gustloff oder dem Eisernen-Kreuz-2.0 ein neuer Zeit- und Ungeist. Das Phänomen der Emergenz generiert ungefragt neue Qualitäten aus der Summe der vorhandenen Einzelteile – dazu ist nicht mal böser Vorsatz notwendig. Schlichte Blödheit genügt völlig.
Emergenz bezeichnet das Auftauchen von Systemzuständen, die nicht durch die Eigenschaften der beteiligten Systemelemente erklärt werden können. Wesentlich bei dieser Definition ist, dass die neu auftauchenden Qualitäten erst entstehen und nicht bereits vorhanden sind. Das System gewinnt also durch Emergenz ein „höheres Eigenleben“.
Soziale Systeme konstituieren sich laut Systemtheorie durch Kommunikation. Wenn frau – frei nach Luhmann – weiter unterstellt, dass Kommunikation nur an Kommunikation anschließen kann, dann lässt sich – frei nach Chefarztfrau – auch unterstellen, dass Kommunikation gelegentlich nicht nur in selbstverstärkende Feedbackschleifen gerät, sondern regelrechte informatorische Felder verwandter Meme ausbildet. Je präsenter ein solches Feld in der öffentlichen Wahrnehmung wird, umso größere Replikaktionsvorteile verschafft es den darin enthaltenen Memen/Ideen/Informationen. Damit steigt zwangsläufig auch die feldspezifische Emergenz – soweit die Theorie der Chefarztfrau.
Jetzt zur Praxis, in der stellt sich nämlich die konkret hässliche Frage: Wie müssen gesellschaftlich relevante Kommunikations-Milieus beschaffen sein, dass Leute diesem Mem hier: Ex-Generäle befürworten Eisernes Kreuz – Überlebenschancen einräumen? Das ist noch keine zwanzig Jahre her, da wären die Typen in Deutschland wahlweise medial gesteinigt oder einfach ausgelacht worden. Jetzt ist das diskussionswürdig.
Tja, welche Emergenzen bilden soziale Systeme mit derartiger Kommunikantion wohl aus? Scheiße oder …
[Bildnachweis: Wikipedia; © Stefan Kühn; GNU-FDL Freie Dokumentationslizenz]
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